
Neugeborenes
Ich hatte im Beitrag zu den Vorsorgeuntersuchungen im ersten Lebensjahr schon einmal den Agpar-Wert erwähnt. Hier möchte ich näher darauf eingehen, was er bedeutet. Vieleicht hast Du den Begriff Agpar Wert, Agpar Score oder Agpar Test im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes schon mal gehört.
Irgendwas von Punkten und Höchstzahl 10 … das kommt den meisten Menschen als Erstes in den Sinn, wenn die Sprache auf den Gesundheitscheck für Neugeborene kommt. Was die Punktzahl zu bedeuten hat und was dabei alles untersucht bzw. geprüft wird und vor allem, welche Anzahl von Punkten Anlass zur Sorge gibt, erfährst du hier in einer kurzen Zusammenfassung.
Warum ist der Agpar Wert so wichtig?
Der Test ist nach der amerikanischen Ärztin Virginia Agpar benannt, die überraschenderweise keine Gynäkologin und schon gar keine Geburtshelferin war, sondern vielmehr eine Chirurgin und später eine sehr angesehene Anästhesistin. Im Jahr 1952 entwickelte sie den Agpar Score, der bis heute in den Kreißsälen der Welt – also weltweit – zur Anwendung kommt. Er konnte sich u.a. deshalb durchsetzen, weil er in der Anwendung einfach und schnell ist und gleichzeitig aussagekräftige Ergebnisse liefert. Der Test dient vor allem dazu, den Gesundheitszustand des Neugeborenen zu untersuchen und mit dem Ergebnis zu einer schnellen Entscheidung zu gelangen, ob Maßnahmen erforderlich sind. Genau das war auch die Motivation der Ärztin. Sie wollte einen unkomplizierten Test entwickeln, der eventuelle Schwierigkeiten aufdeckt, die das Kind nach der Geburt haben könnte. Das Ergebnis soll dazu führen, dass durch zügig eingeleitete Maßnahmen Schlimmeres verhindert werden kann. Die Untersuchung wird als routinemäßiger Bestandteil einer Geburt in der Regel von der Hebamme durchgeführt und zwar in der ersten, in der fünften und in der zehnten Minute nach der Geburt.
Das wird beim Agpar Test untersucht um den Agpar Wert festzulegen:
In der jeweils ersten, fünften und zehnten Minute nach der Geburt werden folgende Kriterien untersucht und der entsprechenden Punktzahl zugeordnet.
Kriterium | 0 | 1 | 2 |
---|---|---|---|
Hautfarbe | blass und/oder blau | Körper rosig, Extremitäten blau | gesamter Körper rosig |
Herzfrequenz | kein Herzschlag | < 100/min | > 100/min |
Muskeltonus | schlaff | leichte Beugung von Armen und Beinen | aktive Bewegung von Armen und Beinen |
Atmung | ohne/nicht selbstständig | unregelmäßig und/oder flach | regelmäßig, ausgeprägt, Kind schreit |
Reflexresonanz | keine | Grimassieren | Kind schreit kräftig |
Das Ergebnis aller fünf Kriterien wird addiert, so dass minimal 0 und maximal 10 Punkte dabei herauskommen können. Es kommt häufig vor, dass das erste Ergebnis bei einer niedrigeren Punktzahl liegt, als das zweite und dritte. Es kann sogar als normal angesehen werden, dass sich die Funktionen erst nach und nach entwickeln, insbesondere nach einer schweren Geburt und unter Einfluss von Schmerzmitteln, die der Mutter während der Entbindungsphase verabreicht wurden. Es besteht also kein Grund zur Panik, wenn Dein Kind beim ersten Wert nicht die erhoffte volle Punktzahl erreicht.
Folgende Punktwerte sind völlig normal und geben keinen Anlass zur Besorgnis:
- 8 bis 10 Punkte: das Baby ist in einer guten bis sehr guten Verfassung
- 5 bis 7 Punkte: das Neugeborene ist in einem angemessenen Zustand, es braucht evtl. eine unterstützende Atmungshilfe
- Weniger als 5 Punkte: das Baby braucht Hilfe. Es wird vermutlich in einen Inkubator gelegt und dort mit Wärme und Sauerstoff versorgt, bis sich der Zustand stabilisiert hat.
Optimal ist es, wenn die dritte Untersuchung 10 Minuten nach der Geburt einen Wert zwischen 8 und 10 ergibt. Inwieweit niedrigere Werte einen Aufschluss über ein größeres Risiko für spätere Krankheiten geben können, wird von Kinderärzten kontrovers diskutiert. Dazu ist der Test aber auch gar nicht gedacht. Es geht lediglich um eine schnelle und unkomplizierte Methode, um den Gesundheitszustands des Babys kurz nach der Geburt festzustellen. Wenn Du noch weitere Fragen hast, sind Dein Frauenarzt, Dein Kinderarzt oder die Hebamme, die Dich betreut, die richtigen Ansprechpartner.